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Einschätzungen zum EUR/CHF-Kurs und der konjunkturellen Entwicklung in der Eurozone

Was sind die Gründe für den sehr starken Franken beziehungsweise für den schwachen Euro?

Die Euro-Schwäche ist besonders auf drei Faktoren zurückzuführen. 

    1. Die wirtschaftlichen Aussichten in der Eurozone haben sich stark verschlechtert. Aufgrund der Energiekrise und den damit verbunden Einschränkungen ist mit einer Rezession in der Eurozone zu rechnen
    2. Die zögerliche Haltung der europäischen Zentralbank EZB im Vergleich zu der US-Notenbank Fed hat zu einer deutlichen Ausweitung der Zinsdifferenz geführt. Dies unterstützt den USD und führt zu Abwertungsdruck auf den Euro und den Schweizer Franken.
    3. Die Inflation im Euroraum ist weiterhin steigend, während wir in den USA bereits rückläufige Zahlen beobachten können. Auch wenn diese auf hohen Niveaus verharren sehen wir die USA in der Bekämpfung der Inflation drei bis sechs Monate voraus.


Der Franken auf der anderen Seite profitiert von der deutlichen tieferen Inflation im Vergleich zu den wichtigsten Handelspartnern. Zudem dürfte auch die Suche nach sicheren Häfen den Franken begünstigen. Schaut man auf den handelsgewichteten Währungskurs des CHF kann man insbesondere eine Aufwertung nach der geldpolitischen Kehrwende der Schweizer Nationalbank SNB im Juni beobachten. Im Anschluss hat sich der Schweizer Franken gegenüber dem Euro deutlich verteuert. Die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB im Juni hat deutlich gemacht, dass sie den Kampf gegen die Inflation in den Vordergrund stellt und neu bereit ist den Schweizer Franken aufwerten zu lassen, im Bedarfsfall auch durch Interventionen am Devisenmarkt.


Handelt es mehr um eine Franken-Stärke oder eine Euro-Schwäche?

In Bezug auf das CHF/EUR-Wechselpaar spielen beide Effekte eine Rolle. Der Schweizer Franken wurde zuletzt gestärkt durch die Geldpolitik der SNB, die tiefere Inflation in der Schweiz im Vergleich zum Rest und höhere Wachstumserwartungen. Auf der anderen Seite leidet die Eurozone stark unter den wirtschaftlichen Konsequenzen des Ukraine Krieges und der anhaltend hohen Inflation. Die Verzögerung der EZB in der Straffung der Geldpolitik hat den Euro zusätzlich belastet. 


Ist in der Eurozone eine Rezession zu erwarten?

Die Eurozone dürfte in den kommenden Monaten in eine Rezession abgleiten. Die hohe Inflation, bedingt durch die Energiekrise, bremst das Wachstum. Die Realeinkommen sinken, die Stimmung in der Wirtschaft hat sich verschlechtert und das Wachstum auf den Exportmärkten verlangsamt sich. Das Lohnwachstum dürfte sich beschleunigen, so dass die Inflation länger als erwartet über dem Zielwert liegen wird. Infolgedessen erwarten wir, dass die EZB in den nächsten 12 Monaten den aggressiven Straffungszyklus fortsetzen und die Zinssätze vorübergehend über ihr neutrales Niveau anheben wird. Die jüngst publizierten Frühindikatoren unterstreichen die schlechten wirtschaftlichen Aussichten für die Eurozone.


Welche Rolle spielt die voraussichtliche Zinserhöhung der SNB kommende Woche?

Wir rechnen mit einer Zinserhöhung von 0.75 Prozent. Diese wird auch vom Markt weitestgehend eingepreist ist. Daher spielt mehr die restriktivere Geldpolitik im Allgemeinen als der Event selbst eine Rolle für die weitere Entwicklung des Schweizer Frankens.


Was bedeutet der starke Franken für Konsumenten?

In der Summe sind die Konsumentinnen und Konsumenten die Gewinner eines stärkeren Frankens. Ferien werden günstiger und Einkaufen im Ausland lohnt sich wieder mehr. Im grösseren Kontext gesehen hilft dieser gegen die steigende Inflation und vergünstigt die Einkäufe von Importfirmen. Auf der anderen Seite schadet er aber besonders der Exportindustrie und dem Schweizer Tourismus. Allerdings ist der Franken nicht derart stark wie es der nominelle Kursverlauf vermuten lässt. Blickt man nämlich auf den realen effektiven Wechselkursindex des Schweizer Frankens, so sieht man, dass der Franken noch unter den Höchstkursen von 2015 notiert. Aus diesem Grund ist die SNB auch gewillt, eine weitere moderate Aufwertung des Frankens zuzulassen.




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