Vom reinen «Value Investing» zu Quality/Value
Benjamin Graham gilt als Urvater des «Value Investing». Gemäss seinem bereits 1949 zum ersten Mal erschienenen Buch «The Intelligent Investor» verhalten sich Marktteilnehmer selten rational. Dies führt zu Über- beziehungsweise Unterbewertungen, die gemäss Graham gewinnbringend genutzt werden können. Sein wohl bekanntester ehemaliger Student ist Warren Buffett. Der inzwischen 92-jährige Buffett gilt bis heute als einer der erfolgreichsten Investoren der Welt. Sein über 60-jähriger Leistungsausweis basiert auf der qualitativen Beurteilung von Geschäftsmodellen und des Managements sowie auf akribischer Fundamentalanalyse. Er sagte einmal: «It’s far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.» Dieses Zitat offenbart Buffetts Prioritätensetzung: Auf der Suche nach den besten Investments ist die Qualität (noch) wichtiger als der Preis.
Unser Verständnis von Qualität
Um aus ökonomischer Sicht einen Mehrwert zu erzielen, muss ein Unternehmen seine Kapitalkosten verdienen. Diese bestehen aus Zinsen auf dem Fremd- und Eigenkapital. Der gewichtete Kapitalkostensatz wird mit dem «Weighted Average Cost of Capital» - kurz WACC - definiert. Die Rentabilität des investierten Kapitals wird mit dem «Return on Invested Capital» ROIC gemessen.
Wir interessieren uns für Unternehmen, bei denen der ROIC den WACC über eine möglichst lange Dauer übertrifft. Um den Wettbewerbsdruck tief zu halten und die Rentabilität zu bewahren, braucht ein Unternehmen einen Burggraben – einen sogenannten «Moat». Im Mittelalter bildete dieser ein wichtiges Annäherungshindernis im unmittelbaren Vorfeld einer Burg. Warren Buffett sagte einmal: «Ein wirklich grossartiges Unternehmen muss einen dauerhaften Burggraben haben, der exzellente Erträge aus dem investierten Kapital beschützt.»
Unternehmen mit einem so genannten «Economic Moat» verfügen über mehrere Jahre anhaltende Wettbewerbsvorteile, verdienen ihre Kapitalkosten und schaffen somit ökonomischen Mehrwert. Wettbewerbsvorteile entstehen durch Marken, Patente oder Lizenzen, Netzwerkeffekte, Wechselkosten oder auch Kosten- und Grössenvorteile. Beispiele von Unternehmen mit einem ausgeprägten «Economic Moat» sind LVMH, Nestlé, MSCI und Apple.
Langfristige Überrendite
Ein Blick auf die Wertentwicklung seit 1998 zeigt, dass sich eine Anlage in Qualitätsaktien gelohnt hat. Der MSCI World Index repräsentiert mit seinen rund 1‘500 Titeln den globalen Aktienmarkt, im MSCI World Quality Index sind rund 300 Aktien vertreten. Dabei wird ein Qualitätsfilter, bestehend aus Eigenkapitalrendite, positiver Gewinnentwicklung über mehrere Jahre sowie tiefer Verschuldung, angewendet. Eine Investition von CHF 1’000 in Qualitätsaktien hätte über den gesamten Zeitraum einen Wert von CHF 5’645 ergeben – mehr als doppelt so viel wie eine Investition in den globalen Aktienmarkt. Die Qualitätsprämie betrug über diesen Zeitraum 141 Prozent.
Der Vorteil von Qualitätsaktien zeigt sich besonders in Krisenzeiten: Nach dem Platzen der Internetblase 2000/2001 sowie während der Finanzkrise 2007/2008 haben Qualitätsaktien deutlich weniger an Wert verloren als der globale Aktienmarkt. Der so genannte «Basiseffekt» wird häufig unterschätzt: Eine Anlage, die 50 Prozent an Wert verliert, muss anschliessend um 100 Prozent steigen, um den Wertverlust aufzuholen. Verliert eine Anlage allerdings lediglich 25 Prozent an Wert, braucht es «nur» eine Erholung von 33 Prozent, um den Ausgangswert wieder zu erreichen. In der Finanzkrise war der Kursverlust bei Qualitätsaktien nach 3.5 Jahren wieder aufgeholt, bei einer Anlage in den gesamten Aktienmarkt dauerte es mit 6.5 Jahren beinahe doppelt so lange.
Anlagestile im Wirtschaftszyklus
Die langfristige Faktorprämie der Anlagestile Size, Value, Momentum, Quality und Low Volatility ist empirisch belegt. Kurzfristig können sich die Anlagestile aber durchaus unterschiedlich entwickeln: In einem modelltypischen Konjunkturverlauf werden kleinkapitalisierte und unterbewertete Unternehmen in einem Aufschwung stärker nachgefragt. In einem Boom mit stabilem Aufwärtstrend entwickeln sich Aktien mit starkem Kursmomentum am besten. Aktuell befinden sich die bedeutendsten Volkswirtschaften in einem Abschwung – mit zunehmender Rezessionswahrscheinlichkeit. In diesem Umfeld setzen Anlegerinnen und Anleger vermehrt auf konjunkturresistente Aktien mit geringer Volatilität aus den Sektoren Basiskonsum, Gesundheit, Versorgung und Telekommunikation. Zudem verstärkt sich der Fokus auf qualitativ hochwertige Unternehmen, die auch in rezessiven Phasen profitabel bleiben.
Unternehmen mit einer starken Marktposition sind zudem eher in der Lage, der Inflation zu trotzen und ihre Gewinnmarge zu halten. Die Aktienkurse nicht-profitabler Unternehmen geraten in einer Krise in der Regel stärker unter Druck, was mit der abnehmenden Risikobereitschaft der Marktteilnehmer zusammenhängt. Zudem müssen Unternehmen mit einer schwachen Bilanz öfters zu Kapitalmassnahmen greifen und sind dabei auf das Vertrauen der Investoren angewiesen.
Qualität im GKB Aktien Welt ESG
Der globale Aktienfonds der GKB hat seit seiner Lancierung vor fünf Jahren einen starken Fokus auf Qualität. Einerseits werden Unternehmen ohne «Economic Moat» und schlechter Bilanz respektive wertvernichtender Kapitalverwendung («Capital Allocation Rating») ausgeschlossen. Die Analyse erfolgt durch den unabhängigen Research-Anbieter Morningstar. Andererseits können im eigens entwickelten Mehrfaktorenmodell vier von zwölf Faktoren mit Qualität in Verbindung gebracht werden. Bei den übrigen Faktoren geht es um Momentum, Bewertung (Value) und Nachhaltigkeit.
Aktuell beträgt der WACC aller Unternehmen im globalen Aktienindex 7.7 Prozent. Die Rendite auf dem investieren Kapital ist 12.1 Prozent. Beim GKB Aktien Welt ESG Fonds beträgt der ROIC 24.9 Prozent, im Vergleich zum WACC von 7.5 Prozent (Anmerkung: Zur besseren Vergleichbarkeit sind sowohl die Aktien im Fonds als auch im MSCI World Index gleichgewichtet).
Die deutlich bessere Rentabilität der 50 Aktien im Fonds ist die Folge einer disziplinierten Umsetzung des GKB Selektionsprozesses. Beispiele von Qualitätsaktien aus dem aktuellen Portfolio sind: Microsoft, Novo Nordisk, PepsiCo und UBS. All diese Unternehmen haben einen «Economic Moat», sind hoch rentabel und werden an der Börse zu einem fairen Preis (Kurs/Gewinn-Verhältnis) gehandelt.
Fazit
Aktien von Qualitätsunternehmen bringen Stabilität und Kontinuität in ein Aktienportfolio. Wer geduldig und diszipliniert in solche Titel investiert, wird mit einer stattlichen Prämie belohnt. Im aktuellen Umfeld eignen sie sich besonders gut, da in unsicheren Zeiten hohe Qualität zu einem guten Preis gefragt ist. Innerhalb des GKB Aktien Welt ESG Fonds ist der Qualitätsfokus in den letzten Jahren ein wichtiger Treiber für die gute Wertentwicklung gewesen. Wir sind überzeugt, dass sich dieser Fokus für Anlegerinnen und Anleger auch über die nächsten Jahre auszahlen wird.