Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für globale Pharmaunternehmen – auch für Roche und Novartis. Die jüngsten Ankündigungen des US-Präsidenten, Medikamente und Medizinprodukte künftig mit höheren Importzöllen zu belegen, führten kurzfristig zu Unsicherheit an den Märkten. Aufgrund ihrer internationalen Produktionsstruktur und globaler Lieferketten dürften die beiden Pharmariesen jedoch in der Lage sein, auf politische Eingriffe dieser Art flexibel zu reagieren. Sowohl Roche als auch Novartis haben grössere Investitionspakete in den USA angekündigt. Dies kann als Zeichen der Kooperation gewertet werden. Wesentlich schwerer wiegt die laufende Diskussion um die Medikamentenpreise in den USA: Trump fordert von insgesamt 17 Pharmafirmen – darunter auch die beiden Schweizer Schwergewichte – konkrete Massnahmen zur Senkung der Preise.
«Nicht die Handelszölle, sondern die Preisregulierung in den USA ist das eigentliche Risiko für Roche und Novartis.»
Gelingt keine Einigung, drohen hohe sektorspezifische Strafzölle. Höhere Zölle bringen aber kaum tiefere Preise. An den Märkten tendieren Roche und Novartis seit den ersten Forderungen von Trump im April uneinheitlich. Während Novartis dank solider Unternehmenszahlen und einem stabilen Marktumfeld den Grossteil der Kursverluste aufholen konnte, bleibt Roche trotz Meldung positiver Studiendaten zum Augenmedikament Vabysmo hinter dem früheren Kursniveau zurück. Analysten äussern sich zunehmend vorsichtig, da die konkrete Ausgestaltung möglicher Preisregulierungen nach wie vor unklar ist. Die Frist zur Vorlage von Lösungsvorschlägen seitens der betroffenen Unternehmen läuft Ende September ab – bis dahin dominieren Unsicherheit und Spekulation.
Aktuell sind die Aktien von Roche und Novartis im historischen Vergleich günstig bewertet. Das Verhältnis von Aktienkurs zu erwarteten Gewinnen liegt bei Roche bei 13 und bei Novartis bei 14 – deutlich unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (20 bzw. 21). Kommt es zu einer umfassenden Preisregulierung bei bestehenden Medikamenten, dürfte der Fokus der Unternehmen stärker auf der Entwicklung neuer Wirkstoffe liegen, da diese bei Markteinführung in der Regel höhere Preise erzielen können. Umgekehrt gilt: Sollte sich die US-Politik weniger restriktiv zeigen als befürchtet, wäre eine Entlastungsrallye wahrscheinlich. Angesichts der hohen Unsicherheiten bleiben wir bei beiden Titeln vorsichtig. Zusätzlich hat uns die Zolldebatte sowie der verhaltene Konjunkturausblick für die Schweiz dazu veranlasst, das Gewicht von Schweizer Aktien im Portfolio Mitte August auf neutral zurückzuführen.
Die Diskussion um Medikamentenpreise in den USA ist kein neues Phänomen – neu sind aber die Geschwindigkeit und der enorme politische Druck. Für Anlegerinnen und Anleger heisst das: Unternehmen mit starker Pipeline und guter Diversifikation sind im Vorteil, allfällige Klumpenrisiken sollten überdacht werden. Die Fähigkeit, neue Medikamente erfolgreich zu lancieren, wird zum Schlüsselfaktor für nachhaltiges Wachstum und dem Erhalt der Gewinnmarge.