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Pensionskasse: Diversifikation durch globale Infrastrukturanlagen

Datum: 14.04.2021 
Autor: David Gartmann

Weltweit besteht ein grosser Bedarf an Infrastrukturprojekten. Schweizer Pensionskassen investieren vermehrt in Projekte dieser Anlagekategorie. Die auf den 1. Oktober 2020 erfolgte Anpassung der Anlagevorschriften (BVV 2) dürfte diesen Trend zusätzlich begünstigen, da die Erträge von Infrastrukturanlagen prognostizierbar und inflationssicher sind.


Weltweit wird zu wenig in Infrastrukturprojekte aus den Bereichen Transport, saubere Energie, Versorgungsnetze (Strom, Gas, Wärme), Wasserversorgung, Entsorgung und soziale Infrastruktur (Schulen, Spitäler usw.) investiert. In vielen Ländern genügt die Infrastruktur nicht mehr den heutigen Anforderungen und muss ausgebaut oder modernisiert werden. Zudem beschleunigen Trends wie anhaltendes Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Digitalisierung, verändertes Mobilitätsverhalten sowie Dekarbonisierung und Dezentralisierung der Energieproduktion den Bedarf nach an Ersatz- und Neuinvestitionen in Infrastrukturanlagen. Da vielerorts das Geld für eine rein staatliche Finanzierung fehlt, bietet sich für Pensionskassen die Chance, in Bauprojekte zu investieren.

 

Infrastrukturanlagen sind attraktiv für Pensionskassen
Infrastrukturinvestitionen sind für Volkswirtschaften essentiell, denn sie sind die Basis für das Zusammenleben in einer Gesellschaft. Investitionen in Infrastruktur sind für Pensionskassen attraktiv und unterstützen die öffentliche Hand bei der Finanzierung von wichtigen Generationenprojekten.


Infrastrukturanlagen


Die wichtigsten Merkmale von Infrastrukturanlagen sind meist hohe Anfangsinvestitionen, lange Laufzeiten, hohe politische Risiken, eingeschränkter Wettbewerb, hohe Eintrittsbarrieren, grosse Skaleneffekte und eine gewisse Illiquidität. Infrastrukturanlagen sind als Anlageklasse für Pensionskassen besonders attraktiv, da mit kalkuliertem Risiko langfristige und attraktive Renditen erzielt werden können – dies bei gleichzeitig hohen und regelmässigen Ausschüttungen sowie Schutz gegen steigende Inflation. Hinzu kommt, dass Infrastrukturanlagen aufgrund niedriger Korrelation zu anderen Anlageklassen die Risiken eines BVG-Portfolios senken und die Portfoliorendite verbessern können. Diese Kombination machen Infrastrukturinvestments in Zeiten tiefer Zinsen zu einer unverzichtbaren Ertragsquelle für institutionelle Anleger.

 

Neue Infrastrukturquote von 10 Prozent im BVV2 für Pensionskassen
Seit vergangenem Herbst gelten Infrastrukturanlagen für Pensionskassen als eigene Anlageklasse und zählen somit nicht mehr zwingend zu den Alternativen Anlagen. Sie ermöglichen Pensionskassen prognostizierbare Cashflows mit möglichst tiefem Gegenparteirisiko und inflationsbereinigten Erträgen. 

Derzeit liegt der durchschnittliche Anteil an Infrastruktur-Investments in der Gesamtallokation von Schweizer Pensionskassen bei deutlich unter 2 Prozent. Laut IPE (Investment & Pension Europe), dem führenden Informationshaus für die europäische Pensionskassenbranche, gibt es aber bereits einige Schweizer Pensionskassen, die zwischen 2 und 8 Prozent ihrer Allokation in Infrastruktur investieren. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Bereich erneuerbare Energien.

Wir gehen davon aus, dass mit der Einführung einer Infrastrukturquote in den neuen BVV2-Anlagerichtlinien die Allokationen in Infrastrukturanlagen in den kommenden Jahren ansteigen werden.

 

Brownfield versus Greenfield
Infrastrukturinvestitionen werden häufig näher beschrieben mit den Begriffen Core Brownfield, Value Added-Brownfield und Opportunistic-Greenfield. Diese bezeichnen eine Kombination aus Investitionsstil (mögliche Wertschöpfungstiefe) und Projektreifephase und können bereits als Teile einer Strategie verstanden werden.

 Infrastrukturanlagen Kategorien


  • Core-Brownfield-Infrastruktur bezeichnet reife, operative Infrastrukturanlagen. Diese Anlagen weisen häufig natürlichen Monopolcharakter auf, sind essenziell für eine Volkswirtschaft und unterliegen daher meist staatlicher Regulierung.
  • Value Added-Brownfield-Infrastruktur bezeichnet ebenfalls operative Infrastrukturanlagen, die aber einen zusätzlichen Kapitalbedarf z.B. für Erneuerungs- oder Erweiterungsinvestitionen aufweisen.
  • Opportunistic Greenfield-Infrastruktur bezeichnet Infrastrukturanlagen in der Entwicklungsphase mit evtl. unsicherer Nachfragesituation. Neue Anlagen werden gebaut oder bestehende, sanierungsbedürftige Objekte instand gesetzt.

 

Infrastrukturanlagen vorwiegend Closed-End-Strukturen und nicht handelbar
Institutionelle Investoren müssen sich nicht nur über die gewünschte Infrastruktur-Projektkategorie im Klaren sein, sondern auch über die Investitionsform. So wie bei Private-Equity-Anlagen bewegt man sich bei Infrastrukturanlagen vorwiegend in Closed-End-Strukturen. Dabei gilt es zwischen Direktinvestitionen und nicht kotierten Infrastruktur-Fonds (auch bekannt als Limited Partnerships) zu unterscheiden.

Nicht börsenkotierte Fonds stellen die typische Anlageform für institutionelle Investoren dar, da Direktinvestitionen nebst einem hohen Kapitalbedarf über ein fundiertes Know-how für Projektevaluation und die laufende Überwachung der Investitionen erfordern. Sowohl Direktinvestitionen als auch Investments in Limited Partnerships erfordern einen sehr langen Anlagehorizont, da solche Investments nur sehr beschränkt handelbar sind. Zwar gibt es auch die Möglichkeit, direkt in kotierte Infrastruktur-Fonds (Listed Infrastructure) zu investieren. Solche Fonds sind jedoch stark mit den globalen Aktienmärkten korreliert.

Zudem ist davon auszugehen, dass kotierte Infrastrukturanlagen gemäss BVV2 nicht unter der neuen Anlageklasse «Infrastruktur» geführt werden dürfen.  

 

Aufbau von Infrastrukturanlagen braucht viel Zeit
Der Aufbau einer Quote in Infrastrukturanlagen innerhalb der Anlagestrategie ist nicht von heute auf morgen umgesetzt, weil der Zugang zu solchen Anlagen nicht einfach ist. Hierzu müssen zuerst geeignete Objekte gefunden werden. Die Kapitalzusagen der Investoren können nur schrittweise auf Abruf angelegt werden. Das heisst: Im Vergleich zu den börsenkotierten Anlagen läuft hier der Investitionsprozess viel langsamer.

Ähnlich verhält es sich, wenn man eine Position in Infrastrukturanlagen wieder auflösen möchte. Die komplexe Strukturierung von Infrastrukturanlagen erschwert auch die Liquidierung. Diese Anlageklasse ist deshalb nur für langfristig orientierte Investoren geeignet.

 

Fazit
In den Portfolien von Schweizer Pensionskassen haben sich Investitionen in Infrastrukturanlagen mittlerweile zwar etabliert – die mögliche Investitionsquote von 10 Prozent ist aber noch lange nicht ausgeschöpft.

Eine Investition in Infrastrukturanlagen bietet die Möglichkeit, die langfristigen Verbindlichkeiten der Investoren aus den stabilen und teilweise inflationsgeschützten Cashflows der Infrastrukturobjekte bedienen zu können. Darüber hinaus weisen nicht kotierte Infrastrukturinvestitionen historisch eine niedrige Korrelation mit traditionellen Anlageklassen auf und spielen aus diesem Grund eine wichtige Rolle bei der Risiko- und Ertragsoptimierung eines Portfolios.

Pensionskassen sollten ihre Risiken möglichst breit über unterschiedliche Sektoren und Regionen streuen. Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften sollten Infrastrukturanlagen wie auch Private-Equity-Anlagen getrennt von einem Vermögensverwaltungsmandat für ein gemischtes Portfolio geführt werden.

Die Graubündner Kantonalbank steht Pensionskassen, welche sich Gedanken über neue Investments in Infrastrukturanlagen machen, für ein Beratungsgespräch gerne zur Verfügung.



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