Zoll ist bekanntlich das Lieblingswort von US-Präsident Donald Trump und sorgt fast täglich für neue Schlagzeilen. Kommen sie jetzt oder doch nicht? Was sagen die Gerichte? Die Börsen stecken das bis jetzt einigermassen gut weg. Doch wie lange noch?
Jens Korte, wie behält man im Augenblick den Überblick bei all dem, was gerade in Washington passiert?
Es ist in der Tat schwer, den Überblick zu behalten. Sinnbildlich dafür das Zollchaos mit der Europäischen Union: Erst hatte US-Präsident Donald Trump gegenüber der EU angedroht, einen Importzoll von 50 Prozent zu nehmen. Dann hiess es, es gäbe Gespräche, die gut laufen würden. Dann auf einmal kam ein Gericht in New York und hat gesagt, dass diese ganzen reziproken Zölle, die Donald Trump am 2. April vorgelegt habe, unrechtmässig seien und dass innerhalb von zehn Tagen die US-Regierung aufhören solle, diese Zölle zu erheben. Dann wurde dagegen Berufung eingelegt. Das wird jetzt erstmal eine Weile dauern, bis dieses Berufungsgericht zu einem Urteil kommt – bis eine Entscheidung getroffen ist, darf die Regierung die Zölle jedoch erstmal weiter kassieren. Ein enormes Hin und Her.
Wie stabil ist die US-Wirtschaftslage inmitten des Zollchaos?
Es ist erstaunlich, dass die amerikanische Wirtschaft bisher recht gut läuft. Die neuesten revidierten Zahlen zum US-Wirtschaftswachstum zeigen jedoch zum ersten Mal seit drei Jahren einen leichten Rückgang (-0.2 Prozent). Das hängt in erster Linie mit den Zöllen zusammen, denn in Vorbereitung auf die Einfuhrzölle haben die US-Unternehmen wie wild importiert und das hat für den Moment erstmal das Handelsbilanzdefizit auf ein Rekordniveau angehoben. Es wird sich zeigen, was jetzt unter Anwendung der Zölle passiert. Wenn die Importe weiter steigen, könnte die USA in eine rezessive Phase rutschen. «Good News» sind die neuesten Inflationszahlen, welche relativ milde ausfallen sowie stabile US-Konsumausgaben. Das Zollchaos hat die amerikanische Wirtschaft bisher noch nicht zu stark belastet.
Wie ist die Stimmung an der Wall Street – «Sell in May» oder bleiben die Amerikaner investiert?
Der Mai war aus Börsensicht ein Wonnemonat, trotz Unsicherheiten. Das verwundert, denn auch wenn ein Teil der Zölle, die Donald Trump Anfang April angekündigt hatte, erst einmal pausiert sind, haben wir derzeit die höchsten Zölle in den USA seit Anfang der 30er Jahre. Und das dürfte die Wirtschaft in der einen oder anderen Form beeinflussen. Aber das scheint die Wall Street aktuell komplett auszuklammern. Hier an der Wall Street ist mittlerweile die Rede vom sogenannten «Taco-Trade»: T-A-C-O, das steht für «Trump Always Chickens Out». Die Zolldrohungen führen zwar zu Turbulenzen, aber letztendlich macht die amerikanische Regierung dann doch einen Rückzieher.
GKB Fazit:
Die Zollpolitik des US-Präsidenten bleibt somit ein Unsicherheitsfaktor. Möglicherweise können Gerichte den Präsidenten nicht stoppen. Eine starke Marktreaktion mit höheren Zinsen für die USA aber schon. Wir gehen davon aus, dass das Gröbste im Zollstreit hinter uns liegt.