Viele Aktienindizes – die Schweiz ausgenommen – präsentieren sich derzeit von ihrer besten Seite. Neue Allzeithöchststände oder Kurse knapp darunter prägen das Bild der Finanzmärkte. Rückenwind liefern solide Unternehmensgewinne, ein robuster Konsum sowie die Erwartung, dass die US-Notenbank im September die Leitzinsen senkt. Auch der anhaltende Hype rund um künstliche Intelligenz nährt das Narrativ höherer Produktivität und damit stabiler Gewinne.
Doch unter der glänzenden Oberfläche zeigen sich erste Risse. Die US-Wirtschaft wächst zwar weiter, doch der Arbeitsmarkt verliert an Dynamik. Im August wurden in den USA lediglich 22'000 neue Stellen geschaffen – weit weniger als erwartet. Die Arbeitslosenquote stieg auf 4.3 Prozent und markierte damit den höchsten Stand seit mehreren Jahren. Beobachter machen unter anderem die Einwanderungs- und Zollpolitik von Donald Trump dafür verantwortlich, weil sie das Arbeitskräfteangebot verknappt. In diesem Spannungsfeld wird von der amerikanischen Notenbank (Fed) eine vorsichtige Lockerung ihrer Geldpolitik erwartet. Die Fed hat im Gegensatz zu ihrem Schweizer Pendant, der SNB, ein Doppelmandat. Zusätzlich zum Auftrag der Preisstabilität ist sie auch für die Vollbeschäftigung verantwortlich. Wir gehen ebenfalls von einer vorsichtigen Lockerung der Fed aus – mit der Option, diese bei Bedarf zurückzunehmen.
Auch in der Schweiz ist die Lage komplex, aber vergleichsweise stabil. Die Teuerung verharrt mit 0.2 Prozent deutlich innerhalb des Zielbands der Schweizerischen Nationalbank (0 – 2 Prozent), womit keine geldpolitischen Interventionen notwendig erscheinen. Der Schweizer Franken hat gegenüber dem US-Dollar deutlich aufgewertet – für exportorientierte Firmen ein Margenproblem, das aktuell stärker wiegt als die US-Zollmassnahmen.
Die Unternehmen überzeugen hauptsächlich mit der Ertragsseite: Die Berichtssaison in diesem Jahr zeigt insgesamt erfreuliche Resultate. Die «Magnificent Seven» prägen weiterhin die Indizes, doch die Bewertungen einzelner Technologietitel sind inzwischen ambitioniert. Der Markt preist ein moderates Wachstum, fallende Inflationsraten und eine erste vorsichtige Zinssenkung ein. Kurz: Die Märkte brauchen keine raschen Zinssenkungen, politisch motivierte Eingriffe würden das Vertrauen in die Geldpolitik schwächen.
Für Anlegerinnen und Anleger beginnt nun eine anspruchsvolle Phase. Der September gilt historisch als einer der schwächsten Börsenmonate. Die Aussicht und damit die weitere Entwicklung der Märkte hängen vor allem von drei Faktoren ab: Bleibt die US-Inflation unter Kontrolle, ohne den Arbeitsmarkt zu schwächen? Beginnt die Fed mit Zinssenkungen, ohne zu forsch vorzugehen? Und bleiben die Gewinnerwartungen der Unternehmen stabil? Die Risiken sind nicht neu: geopolitische Konflikte, handelspolitische Spannungen und zyklische Schwankungen im KI-Sektor. Positive Impulse könnten hingegen von einer breiteren Marktteilnahme, sinkenden Realzinsen und stabileren Lieferketten ausgehen.
Auch wenn die Märkte zurzeit optimistisch sind, lohnt sich eine solide Auseinandersetzung mit dem eigenen Portfolio. Wer investiert ist, bleibt es besser auch – aber selektiv. Wir setzen auf Qualität vor breiter Marktabdeckung. Strukturell sehen wir Rückenwind aus Digitalisierung, Automatisierung, Energiewende und ausgewählten Gesundheits- und Infrastrukturthemen.