Vielen Angriffen konnte der Eigenmietwert standhalten, nun ist er doch noch gefallen. Der Ursprung des Eigenmietwerts geht bis ins Jahr 1915 zurück. Damals zur Mittelbeschaffung während des Ersten Weltkriegs grundsätzlich als einmalige «Kriegsabgabe» eingeführt, griff man im Jahr 1934 angesichts der schweren Wirtschaftskrise nochmals auf diese Einnahmequelle zurück. Angedacht war diese Massnahme wiederum befristet bis zum Jahr 1938 und ohne entsprechende Grundlage in der Bundesverfassung, bis der Eigenmietwert im Jahr 1958 schliesslich ins ordentliche Steuerrecht überführt wurde. Eine umstrittene Steuer, welche bisher sämtlichen Versuchen zur Abschaffung trotzte – bis zum vergangenen Wochenende. Mit der Zustimmung zur Einführung der Objektsteuer auf Zweitliegenschaften ist der Eigenmietwert bald Geschichte.
Was bedeutet nun der Fall des Eigenmietwerts?
Mit der Volksabstimmung vom 28. September 2025 wurde die integrale Abschaffung des Eigenmietwerts beschlossen. Damit entfällt die Besteuerung eines fiktiven Einkommens auf selbstgenutzten Liegenschaften im Privatvermögen, und zwar sowohl auf Erst- als auch auf Zweitwohnungen. Für viele Eigentümer bedeutet das eine spürbare Entlastung, insbesondere für Rentnerinnen und Rentner mit abbezahlten Hypotheken sowie für junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum.
Kantone dürfen eine Objektsteuer erheben – wohl frühestens per 1. Januar 2028
Die Bundesverfassung wird dahingehend angepasst, dass die Kantone nun, gemäss Art. 127 Abs. 2bis E-BV, die Legitimation erhalten, eine Objektsteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitwohnungen zu erheben. Bis die Kantone diese Steuer in Rechnung stellen können, ist es noch ein langer Weg. So müssen beispielweise im Kanton Graubünden das kantonale Steuergesetz sowie rund 100 Gemeindesteuergesetze angepasst werden, wie Martin Bühler, Vorsteher des Departements für Finanzen und Gemeinden, in der SRF-Sendung «Arena» bekannt gab. Diese Anpassungen brauchen einerseits Zeit, andererseits die Zustimmung der Bündner Bevölkerung. Ebenso muss die Steuerverwaltung Graubünden eine neue Veranlagungspraxis ins Leben rufen und das Vorgehen für die Berechnung dieser neuen Steuer bestimmen. In Anbetracht dieser administrativen Aufwände ist somit ein Systemwechsel frühestens per 1. Januar 2028 realistisch.
Neue Abzugsregeln
Die bisherigen, steuerlichen Abzugsmöglichkeiten werden stark eingeschränkt bzw. abgeschafft. Der Schuldzinsenabzug unterliegt neu der sogenannten quotal-restriktiven Methode. Das heisst:
Wer keine vermieteten oder verpachteten Liegenschaften besitzt, kann keine Schuldzinsen mehr abziehen. Dies betrifft beispielsweise auch Personen ohne Liegenschaftenbesitz, die etwa mit einem Lombardkredit Wertschriften kaufen, einen Kleinkredit aufnehmen oder ein Aktionärsdarlehen erhalten. Eine Ausnahme gilt für Ersterwerber, die in den ersten zehn Jahren weiterhin Schuldzinsen abziehen dürfen.
Auch beim Liegenschaftsunterhalt kommt es zu Einschränkungen:
Unterhaltskosten an selbstbewohnten Liegenschaften sind nicht mehr abzugsfähig. Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen können auf Bundesebene nicht mehr geltend gemacht werden. Kantone und Gemeinden dürfen entsprechende Abzüge jedoch noch bis längstens 2050 zulassen. Denkmalpflegerische Arbeiten bleiben hingegen auf allen Ebenen abzugsfähig.
Amortisation, ja oder nein?
Eine Amortisation der Hypothek erscheint auf den ersten Blick attraktiv, da sich die Zinskosten reduzieren, die nun nicht mehr abzugsfähig sind. In der aktuellen Situation mit tiefen Hypothekarzinsen bestehen aber auch andere Chancen: Wer nicht amortisiert, behält Kapitalreserven, die ertragreich investiert werden können. Die zu erzielenden Anlageerträge und steuerfreien Kapitalgewinne übersteigen in der Regel die eingesparten Zinsen deutlich.
Wird dagegen amortisiert, wird Kapital im Eigenheim gebunden und steht nicht mehr für renditestärkere Investitionen zur Verfügung. Gleichzeitig sinkt der steuerfreie Kapitalgewinn, was das frei verfügbare Einkommen zusätzlich schmälert.
Fazit: Im heutigen Zinsumfeld ist es finanziell weiterhin vorteilhafter, die Hypothek nicht zu amortisieren und das verfügbare Kapital ertragsorientiert einzusetzen.
Was bedeutet die Abschaffung für den Kanton Graubünden?
Die finanziellen Auswirkungen sind erheblich. Auf Bundesebene wird mit Mindereinnahmen von rund zwei Milliarden Franken pro Jahr gerechnet. Im Kanton Graubünden beläuft sich der jährliche Ausfall auf rund 90 Millionen Franken, davon 50 Millionen beim Kanton und 40 Millionen bei den Gemeinden. Diese Lücken müssen entweder durch neue Einnahmen oder durch Einsparungen geschlossen werden, was sich letztlich auf die gesamte Bevölkerung auswirkt.
Was bedeutet das für den Immobilienmarkt und die Banken?
Am Immobilienmarkt wird erwartet, dass der Erwerb von Wohneigentum für junge Familien attraktiver wird, während die Preise für gut unterhaltene Objekte steigen könnten. Da Unterhalts- und Energiesparmassnahmen steuerlich nicht mehr gefördert werden, ist mit einem Rückgang umfassender Sanierungen, insbesondere bei älteren Objekten, zu rechnen. Für Banken ändert sich bei tiefem Zinsumfeld hingegen wenig: Hypotheken bleiben vor allem für junge Käuferinnen und Käufer notwendig, und ein massiver Rückgang bei der Verschuldung ist nicht zu erwarten.
Fragen und Antworten
Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorlage. Die Gesetzesänderung wird aber voraussichtlich frühestens per 1.1.2028 erfolgen, da die Kantone und Gemeinden Zeit für die Umsetzung bzw. Einführung der neuen Regelungen in die entsprechenden Gesetze benötigen.
Mindestens bis und mit Steuerperiode 2027 sind somit Schuldzinsen und Liegenschaftsunterhaltskosten noch abzugsfähig.
Betroffen sind selbstbewohnte Eigenheime und überwiegend selbstgenutzte Zweitliegenschaften. Es betrifft ausschliesslich Liegenschaften im Privatvermögen. Liegenschaften im Geschäftsvermögen sind nicht betroffen.
Durch das «Ja» zur Objektsteuer hat das Stimmvolk beschlossen, den Eigenmietwert abzuschaffen. Sobald die neuen Regelungen in Kraft treten, wird somit kein Eigenmietwert mehr zu versteuern sein. Im Gegenzug entfällt der Schuldzinsen- und Liegenschaftsabzug auf diesen selbstgenutzten Objekten.
Nur wer vermietete Liegenschaften besitzt, kann auch einen Schuldzinsenabzug geltend machen. Das heisst: keine vermieteten Liegenschaften = kein Schuldzinsenabzug.
Ausnahme: Wer erstmalig ein Eigenheim kauft, kann während der ersten 10 Jahre die Schuldzinsen in Abzug bringen (100% im 1. Jahr, 90% im 2. Jahr, 80% im 3. Jahr usw.)
Der Abzug ist im 1. Jahr für Ehepaare auf CHF 10'000, bzw. für Alleinstehende auf CHF 5'000 begrenzt.
Es gibt keine Unterscheidung, woher die Schuldzinsen stammen. Wer keine Erträge aus Vermietung hat, kann keine Schuldzinsen zum Abzug bringen. Diese quotal-restriktive Methode betrifft also nicht nur Eigenheimbesitzer.
Unterhaltskosten sind auf selbstbewohnten Liegenschaften nicht mehr abzugsfähig.
Beim Bund sind die Kosten nicht mehr abzugsfähig. Die Kantone können selbst entscheiden, ob sie den Abzug weiterhin akzeptieren (längstens bis 2050). Der Kanton Graubünden gehörte zu den letzten Kantonen, welche den Abzug eingeführt haben. Es ist anzunehmen, dass dieser vorläufig beibehalten wird. Eine Abgrenzung der Kosten zwischen Energiesparmassnahmen und (gewöhnlichem) Liegenschaftsunterhalt gewinnt also an Bedeutung. Dasselbe gilt für den Abzugsvortrag für Energiesparmassnahmen.
Um diese Frage zu beantworten, ist es am naheliegendsten, auf den steuerrechtlichen Wohnsitz abzustellen. Wer sich also eine Liegenschaft zur freien Verfügung hält, welche nicht gleichzeitig der Hauptwohnsitz darstellt, muss für dieses Objekt eine Steuer bezahlen. Auch wenn sich die dauernd selbstbewohnte Liegenschaft im gleichen Kanton oder gar in der gleichen Gemeinde wie die selbstgenutzte Zweitliegenschaft befindet. Das Vorgehen muss allerdings noch von den Kantonen bestimmt werden.
Diese Frage kann zurzeit nicht beantwortet werden, hier müssen die Kantone eine Berechnungsgrundlage schaffen. Allerdings handelt es sich um eine Kompensationsteuer, was bedeutet, dass diese grundsätzlich die heutigen Steuereinnahmen durch die Zweitwohnungen nicht übersteigen darf.
Gewinner sind die Eigenheimeigentümer, die ihre Hypothekarschulden grösstenteils abbezahlt haben und keinen grösseren Renovationsbedarf aufweisen (insbesondere Rentnerhaushalte).
Zu den Verlierern zählen hingegen Eigenheimeigentümer mit hoher Fremdverschuldung und grossem Renovationsbedarf.
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Unsere Beraterinnen und Berater sind gerne für Sie da.
Wichtig:
Bei einigen Punkten handelt es sich um Annahmen zu möglichen Umsetzungsvorschlägen. Das endgültige Vorgehen müssen die Kantone zuerst noch beschliessen und bekannt geben.