GKB Chur

Zölle, Gewinne oder Prognosen – was treibt aktuell die Aktienkurse?

Datum: 20.05.2025 

​​​​​​​​​​​​Die Anlage-Experten der Graubündner Kantonalbank informieren im GKB Anlage-Fokus wöchentlich über das aktuelle Finanzgeschehen. Gemeinsam mit Aleksandar Vlaisavljevic werfen wir in dieser Ausgabe einen Blick auf die Berichtssaison zum ersten Quartal 2025.​

​​Zu Beginn der Berichtssaison zum ersten Quartal hat Donald Trump mit seinem «Liberation Day» für Aufruhr gesorgt. Während die Finanzmärkte durchgeschüttelt wurden, gerieten die Unternehmensergebnisse in den Hintergrund. Nun gut 1.5 Monate später ist von diesem Beben nicht mehr viel zu sehen. 

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​​​Es ist spannend, wie schnelllebig die Märkte sind. Aleksandar Vlaisavljevic, ist der US-Zollschock bei den Unternehmen bereits kein Thema mehr? 

Ein Blick auf die Zahlen zum ersten Quartal und die schnelle Erholung der Märkte nach dem Zollschock Anfang April stützt die Einschätzung einer robusten Unternehmenslandschaft. Rund 90 Prozent der Unternehmen aus dem S&P 500 haben inzwischen ihre Resultate vorgelegt – über 75 Prozent davon übertrafen die Gewinnerwartungen. Das Gewinnwachstum lag im Schnitt bei 14 Prozent, erwartet wurden lediglich 8 Prozent. Diese positiven Ergebnisse sollten jedoch differenziert betrachtet werden. Viele Unternehmen berichteten von sogenannten Vorzieheffekten: Ihre Abnehmer stockten die Lager vor Inkrafttreten der Zölle gezielt auf – das dürfte temporär gestützt haben. Die eigentlichen Belastungen durch die neuen Zölle werden sich wohl erst im zweiten Quartal in den Margen und Gewinnen zeigen. 

Im Juli endet die 90-tägige Zollpause von Donald Trump – sollten bis dahin keine neuen Handelsabkommen geschlossen werden, drohen spürbare Folgen für international tätige Unternehmen. Welche Firmen würden den besonders unter den Zöllen leiden? 

Besonders betroffen wäre die Automobilbranche: BMW und Volkswagen exportieren beispielsweise viel in die USA und sind auf internationale Lieferketten angewiesen. Aber auch US-Hersteller wie Ford könnten durch Zölle auf Zulieferteile aus Mexiko oder China unter Druck geraten. Technologieunternehmen wie Apple, Dell oder Intel stehen ebenfalls im Fokus. Ihre Produktion ist global verteilt, Zölle auf Komponenten könnten schnell die Kosten in die Höhe treiben. Ähnliches gilt für den Maschinenbau, der stark exportorientiert ist. Nicht zuletzt trifft es den Einzelhandel. Konzerne wie Inditex, Nike oder Adidas produzieren in Asien – Zölle auf Textilien würden direkt auf die Verbraucherpreise durchschlagen. 

Gibt es auch Profiteure im Zollstreit oder Unternehmen, die zu Unrecht stark verloren haben? 

Ja, auch im Zollstreit gibt es klare Profiteure. Einige Unternehmen profitieren direkt von Einfuhrzöllen, etwa weil sie dadurch gegenüber ausländischen Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil erhalten oder neue Märkte erschliessen können. Andere wiederum verfügen über eine starke Preissetzungsmacht und bleiben auch bei steigenden Preisen nachgefragt. Viel wichtiger jedoch ist es, sich nicht nur auf die Gewinner bzw. Verlierer im Handelskrieg zu fokussieren, da die Unsicherheit bezüglich der Zölle anhalten wird. Langfristig sollte auf profitable Unternehmen gesetzt werden, welche über nachhaltige Wettbewerbsvorteile verfügen. Tech-Firmen wie Microsoft, Broadcom oder Fortinet haben jüngst unter Exportbeschränkungen und Rezessionssorgen gelitten. Ihre aktuellen Geschäftszahlen zeigen aber: Investitionen in KI, Cloud und Cybersicherheit bleiben hoch. Die starke Nachfrage nach Halbleitern und IT-Lösungen stützt das Gewinnwachstum weiterhin. ​​​

Gemeinsam wachsen.