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Elektromobilität: Risiken trotz Rekordverkäufen.

Datum: 06.03.2023 
Autor: Daniel Lüchinger

Die Anlage-Experten der Graubündner Kantonalbank informieren im GKB Anlage-Fokus wöchentlich über das aktuelle Finanzgeschehen. Gemeinsam mit Jens Korte werfen wir in dieser Ausgabe einen Blick auf die Wall Street.


Jens Korte in New York, die Nachfrage nach Elektroautos ist ungebrochen hoch; Tesla-Chef Elon Musk sagte an der letzten Analystenkonferenz, er wolle noch in der laufenden Dekade über 20 Millionen Fahrzeuge pro Jahr verkaufen. Ist dieses Ziel realistisch?

Mit der aktuellen Infrastruktur wird das nicht möglich sein. Tesla hat Werke in den USA, in Deutschland und in China und baut derzeit eine neue Produktionsanlage in Mexiko. Dort werden allerdings erst in ein, zwei Jahren Fahrzeuge vom Stapel laufen. Um das Ziel von 20 Millionen Elektroautos pro Jahr erreichen zu können, müssten noch weitere Werke hinzukommen. Genau das plant Musk – er sagte unlängst, er wolle in den nächsten Jahren 150 Milliarden US-Dollar investieren. Doch auch wenn Tesla die Kapazitäten derart hochfahren kann, ist noch nicht sicher, dass die Nachfrage mit diesem Tempo Schritt hält. Zum Vergleich: Toyota ist der grösste Autobauer der Welt mit einer Produktionsleistung von 10 Millionen Fahrzeugen pro Jahr.


Und wie zeigt sich die Geschäftsentwicklung bei der Konkurrenz von Tesla?

Es ist nicht einfach, mit dem Bau von Elektroautos Geld zu verdienen. Elon Musk selbst hat das immer wieder betont, aber auch aktuelle Geschäftszahlen von kleineren Produzenten wie Lordstown Motors, Rivian oder NIO zeigen das. Diese drei Unternehmen haben ihre Produktionsziele jüngst gedrosselt. Dies hängt auch mit den Schwierigkeiten bei den Lieferketten zusammen, denn Batterien in grosser Stückzahl und Kapazität sind noch immer rar am Markt. Auch Sono Motors, ein deutscher börsennotierter Kraftfahrzeughersteller, hat jüngst die ersten Tests mit einem Personenwagen auf Eis gelegt. Diese Beispiele zeigen, wie schwierig dieses Geschäft ist, und das gilt auch für die Geldgeber; die Investitionen sind hoch und der Erfolg keineswegs sicher.


Wenn wir auf den Automarkt insgesamt blicken – was erwarten die Analysten an der Wall Street von dieser Branche im aktuellen Jahr?

Die Autobranche zeigt sich in Licht und Schatten. Zuletzt haben wir starke Zahlen von Volkswagen gesehen, aber auch Ford hat im Februar die Verkaufszahlen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 20 Prozent steigern können. Aber es gibt auch Probleme, denn vor allem hier in den USA kaufen die Konsumentinnen und Konsumenten Neu- und Gebrauchtwagen zu einem grossen Teil auf Kredit. Nun steigen die Zinsen mit Sicherheit noch an, was die Finanzierung mit einem Leasing teurer macht und die Nachfrage tendenziell drosselt.


Sie haben die Zinsen angesprochen. Der nächste Zinsentscheid der US-Notenbank steht am 22. März an. Was sagen die Wetten, wie hoch wird der Zinsschritt ausfallen?

Es werden wohl 25 oder 50 Basispunkte sein, beides scheint derzeit möglich. Ein wichtiger Faktor ist die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Wenn die Arbeitslosenzahlen tief blieben, könnte es durchaus sein, dass die US-Notenbank einen Zinsschritt von mehr als 50 Basispunkten anvisiert.



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