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Spiegeln Aktienmärkte einen Wirtschaftsabschwung?

Datum: 17.04.2023 
Autor: Nino Gritti

​​​​​​Die Auswirkungen der Zinserhöhungen sind in verschiedenen Bereichen sichtbar - einzig die für eine Normalisierung der Inflation notwendige Abschwächung der Wirtschaftsleistung ist noch nicht eingetroffen. Oder doch?


​​​​«Wir befinden uns in einem Spätzyklus.»


Vor einem Jahr haben die Zentralbanken begonnen, die Zinsen zu erhöhen, um die ausufernde Inflation zu bekämpfen. Die Auswirkungen der stark angestiegenen Zinsen werden in verschiedenen Bereichen sichtbar: bei den Hypothekarzinsen, bei der Entwicklung der Kurse von Obligationen oder auch bei einzelnen Unternehmen. Einzig die für eine Normalisierung der Inflation notwendige Abschwächung der Wirtschaftsleistung ist noch nicht eingetroffen. Oder doch?

Von einer wirtschaftlichen Abkühlung spricht man, wenn sich die Wirtschaftsleistung reduziert – von einer Rezession ist die Rede, wenn das Wachstum zwei Quartale nacheinander negativ ist. Ein Blick auf relevante Datenpunkte wie Einkaufsmanagerindizes im US-Industriesektor, die Lücke zwischen Arbeitslosen und offenen Stellen oder die Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze zeigt, dass eine Rezession vor der Türe steht. Das bedeutet, dass wir uns mit grosser Wahrscheinlichkeit in einem sogenannten Spätzyklus befinden.

Doch der Blick auf die Aktienmärkte zeigt aktuell ein ganz anderes Bild: Indizes wie der Swiss Performance Index (SPI) oder S&P 500 notieren im laufenden Jahr um über fünf Prozent im Plus – anstatt im negativen Bereich, wie man dies bei einer wirtschaftlichen Abkühlung erwarten würde. Und dennoch: Auch hier finden sich Indikatoren, welche auf eine Abschwächung der Wirtschaftsleistung hindeuten. Eine Analyse der Aktienmarktrenditen zeigt uns beispielsweise, dass im S&P 500 nur sehr wenige Aktien für die gute Entwicklung des Index im laufenden Jahr verantwortlich waren. Namentlich waren es die grossen Technologie-Werte wie Apple, Microsoft, Meta und Nvidia. Diese vier Aktien haben mehr als die Hälfte der Jahresrendite des Index beigetragen – ohne die Aktien von Apple und Microsoft hätte sich der Index um mehr als vier Prozent schwächer entwickelt. Ähnliche Entwicklungen sehen wir auch in der Schweiz: Hier sind Nestlé und Novartis für einen Drittel der bisherigen Jahresrendite des SPI verantwortlich. Damit zeigt sich ein typisches Bild einer Abschwächung – nämlich die Flucht in grösser kapitalisierte Unternehmen, welche über eine starke Marktstellung verfügen und sich somit auch in schwierigen Phasen behaupten können. Kurzfristig zeigt sich zudem, dass zyklische Sektoren wie Industrie und Rohstoffe unter Druck geraten sind. 

Die von den Zentralbanken angestrebte wirtschaftliche Abschwächung zeigt sich somit bereits in unterschiedlichen Ausprägungen an den Finanzmärkten. Aus diesem Grund positionieren wir uns im Rahmen unserer Anlagepolitik defensiver und setzen auf bewährte Unternehmen mit stabilen Gewinnentwicklungen und gesunden Bilanzen. Der Fokus richtet sich wieder vermehrt auf Unternehmen aus defensiven Sektoren wie Gesundheitswesen und Basiskonsum, und weg von Unternehmen mit starker Konjunkturabhängigkeit. Im aktuellen Umfeld empfiehlt es sich, diszipliniert, geduldig und breit diversifiziert zu investieren.



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